Ende März, nur zwei Tage nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg, hatte die Bahn den grün-roten Wahlsiegern ein Zeichen gegeben, ein Zeichen des guten Willens und der guten Vernunft. Das Unternehmen erklärte einen Bau- und Vergabestopp für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, der bis zum Amtsantritt der neuen Regierung am 12. Mai gelten sollte.
Dieser Schritt musste Befürwortern wie Gegnern des Tiefbahnhofs gleichermaßen einleuchten: Niemand kann Interesse an hohen Investitionen in den Bau haben, solange man nicht weiß, ob er jemals vollendet wird.
Inzwischen haben die künftigen Koalitionäre eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 vereinbart. Sie soll im Herbst stattfinden. Eine Verlängerung des Baustopps bis zu diesem Termin, der endgültig Klarheit bringen soll, ist also durchaus sinnvoll. Selbstverständlich ist sie allerdings nicht.
Sie ist nicht selbstverständlich, weil die Bahn sich auf rechtsgültige Verträge berufen kann und ihr durch die Verzögerung hohe Kosten entstehen. Die Annahme der grün-roten Verhandlungspartner, dass der Konzern diese Kosten auch über mehrere Monate tragen würde, war naiv. Nicht nur der gute Wille hat Grenzen, sondern vor allem die gute Vernunft.
Die Bahn kann den Dialog mit der neuen Regierung jetzt damit erleichtern, dass sie Höhe und Zustandekommen der Kosten transparent macht. Und Grüne und Rote müssen einsehen, dass man Probleme nicht löst, indem man sie ignoriert. Ihr Kompromiss zu Stuttgart 21 hat einige der heikelsten Fragen einfach ausgeklammert in der Hoffnung, sie würden sich so schnell nicht stellen. Nun hat die Bahn die erste dieser Fragen wieder auf den Tisch gebracht.